Über die Schwestern

Die Schwestern der Perpetuellen Indulgenz

Abtei Bavaria zur Glückseligkeit des Südens e.V.

Die Schwestern der Perpetuellen Indulgenz (SPI, engl. The Sisters of Perpetual Indulgence, frz. Les Soeurs de la Perpetuelle Indulgence) sind eine weltweit agierende Gruppe von queeren Aktivist*innen, überwiegend aus der LGBT-Szene, die in öffentlichen Performances Drag-Elemente und satirisch nachempfundene Symbole religiöser Schwesternorden kombinieren und sich selbst als queere Nonnen des 21. Jahrhunderts bezeichnen. Die Mitglieder engagieren sich für die Akzeptanz und Inklusion diverser Lebensentwürfe, für HIV- und Aids-Prävention, und sammeln Gelder für lesbische, schwule, bisexuelle und transgeschlechtliche Projekte und Gruppen. Der englischsprachige Ausdruck perpetual indulgence lässt sich als „immerwährende Schwelgerei“ oder „ewige Genusssucht“ übersetzen; allerdings kann indulgence auch „Nachsicht, Nachgiebigkeit“ bedeuten oder aber, wie deutsch Indulgenz, auch Ablass. Die Schwestern entstanden zu Ostern 1979 in San Francisco, als drei Männer in geliehenen, echten Habits im schwul-lesbisch dominierten Stadtviertel „The Castro“ von San Francisco auftauchten. 2007 soll es in acht Ländern ca. 600 „Schwestern“ gegeben haben. Die lokalen Gruppen benennen sich folgerichtig auch als „Orden“ und „Häuser“. Die männliche Version der Schwester wird als Gardist oder Engel bezeichnet. Diese entstanden in America und sind dort sozusagen die Garde welche die Schwestern vor tätlichen Angriffen beschützen. In Deutschland sind Gardisten bisher, der Göttin sei dank, nur die männliche Version einer Schwester.

 

Geschichtliches

Am Karsamstag 1979 traten in San Francisco die ersten „Sisters“ in Erscheinung. Schon zu dieser Zeit wurden Spenden für soziale Zwecke der Queer-Community gesammelt. Die schwulen, von den Radical Faeries inspirierten Männer, waren auch politisch aktiv, indem sie an Protestmärschen und Demonstrationen teilnahmen. 1982 brachten sie die weltweit erste Safer Sex-Broschüre mit dem Namen „Play fair!“ heraus.

Neben dem Internationalen „Mutterhaus“ in San Francisco gründeteten sich Häuser in Los Angeles (1999), Seattle (1986/1997), New York (1987/2004), Russian River (2001), und Philadelphia (2002). Das erste Ordenshaus außerhalb der USA wurde 1984 in Sydney gegründet. Es folgten weitere Häuser in Australien, Neuseeland, Thailand und Indonesien, die mit Ausnahme von Sydney, Melbourne und Perth inzwischen jedoch wieder aufgelöst sind.

In Europa entstanden Gruppen in Großbritannien (London 1987, Manchester 1996, Edinburgh 1999), in Deutschland (Heidelberg 1991, Berlin 1993, Hamburg 1996, Köln 1997, München 2013), in Frankreich (Paris 1992 & 1996, Bordeaux 1994, Lille 1998), in der Schweiz (Zürich 2005), und in Österreich (Wien 2008). In Lateinamerika gibt es ein Ordenshaus in Kolumbien (1998) und eines in Uruguay (2002).

 

Auftreten

Das häufigste Merkmal der Mitglieder ist das weiß grundierte und farbig geschminkte Gesicht. Weiß symbolisiert den Tod, welchem durch die individuellen farbigen Akzente symbolisch Leben und Freude entgegengesetzt wird. Gemeint ist damit auch explizit der soziale Tod durch Ausgrenzung und Stigmatisierung. Außerdem treten Schwestern in der Öffentlichkeit in nachempfundener Ordenstracht, dem Habit auf. Christliche Ordensschwestern pflegten die Kranken, speisten die Armen, und nahmen Bedürftige in ihre Obhut. Die „queeren Nonnen des 21. Jahrhunderts“ wollen ihre Ziele mit vergleichbarer Konsequenz verfolgen. Einnahmen sollen nicht erzielt werden, Spenden werden aber gesammelt und vorrangig an gemeinnützige Organisationen weitergegeben, die sich um Menschen kümmern, die von HIV und Aids betroffen sind. Safer-Sex-Utensilien, die von den Aktivist*innen während ihrer Manifestationen verschenkt werden, oder die Speisen und Getränke bei ihren öffentlichen Festen werden von Sponsor*innen zur Verfügung gestellt.

Nach eigenen Angaben wollen die Schwestern und Gardisten „universelle Freude verbreiten“ und „stigmatisierende Schuld tilgen“. Praktisch verteilen sie Safer-Sex-Material zur Prävention von HIV und sexuell übertragbare Erkrankungen. Sie sammeln für Community- und Aids-Projekte, organisieren und leiten Veranstaltungen oder veranstalten Fundraising-Events wie zum Beispiel Bingo-Partys und Bowling-Abende. Des Weiteren bieten sie Safer-Sex-Workshops an und nehmen an Demonstrationen zu verschiedenen Gelegenheiten wie Gay-Pride-Veranstaltungen und Trauermärschen teil. Darüber hinaus nehmen sie Weihe- und Segnungsrituale vor, gestalten gleichgeschlechtliche Segnungszeremonien, und halten Trauerreden. Die Häuser in Deutschland und der Schweiz haben zumeist eingetragene Vereine gegründet.

 

Organisation

Die Strukturen sind denen geistlicher Ordenshäuser angelehnt. Ein Haus oder eine Abtei ist eine Gruppe von Schwestern und Gardisten, die sich in einer Gemeinschaft zusammengefunden haben. Nach der Gründung wählen die Mitglieder einen Namen für ihr Haus. Wohnt ein Mitglied eines Hauses dauerhaft an einem anderen Ort und vertritt auch dort die Schwestern, so spricht man von einer Mission. Die Schwestern und Gardisten durchlaufen Ausbildungsstufen als Aspirant/-in, Postulant/-in und Novize/Novizin, bevor die Weihe zur Schwester oder zum Gardisten erfolgt. Es gibt Förder- und Ehrenmitglieder, hierfür gebräuchliche Bezeichnungen sind Selige*r oder Ordensdame ehrenhalber. Einige Häuser ernennen darüber hinaus gelegentlich auch Personen zu Heiligen. Die Voraussetzungen für diese Ehrungen sind von Haus zu Haus unterschiedlich. Regelmäßig finden internationale Treffen des Ordens statt. Das so genannte Welt-Konklave wurde bisher in London (1992), Paris (1997), San Francisco (1999), Sydney (2002), Berlin (2004) und zuletzt im Juni 2006 in Los Angeles ausgerichtet. Im Sommer 2007 fand ein kleineres Konzil auf eher europäischer Ebene in Edinburgh statt. 2009 fand das internationale Konklave anlässlich der 30-Jahr-Feier der internationalen Schwesternschaft zu Ostern in San Francisco statt. Das Internationale Mutterhaus nimmt gegenüber den anderen Häusern keine übergeordnete Rolle ein.

Quelle: Wikipedia